Mitten ins Herz von Afrika, ins blutende Herz.
Meine Reise nach Goma und Bukavu vom 20. 10. - 28. 11. 2013
Seit langem schlägt mein Herz für Afrika. Die Liebe zu Afrika ist einer wertvollen Begegnung zu
verdanken. Ich brauchte Zeit zum Auftanken während meiner Tätigkeit als Schuldnerberaterin. So
reiste ich zu Ordensschwestern nach Rom. Dort begegnete ich bei einem Seminar einen
afrikanischen Priester, der als Professor Studenten unterrichtete. Er lud mich später zu sich
nach Hause nach Goma ein. Wo er wohnte wusste ich nicht, ich hatte nur eine Telefonnummer.
Er versprach mir, mich vom Flughafen Kigali in Ruanda abzuholen. Das war 2007.
Im schlimmsten Fall hätte ich allein im fremden Land gestanden. Doch es passierte nicht. Schon
in der Nacht hatte ich meine erste Begegnung mit dem afrikanischen Alltag. Ich kam zu sechs
Geschwistern, deren Eltern tot waren und die von einer Großmutter und einem Studenten
versorgt wurden. Den Kontakt gibt es heute noch. Wenige Tage später fuhr ich mit einem kleinen
Bus durch die grünen Berge von Ruanda an die Grenze zum Kongo nach Goma, der immer
wieder umkämpften Stadt. Dort wohnte ich bei der Kongregation der Karmeliten. So wurden
weitere Kontakte geknüpft und ich fuhr 2008 noch einmal nach Goma. Seit dieser Zeit bestand
regelmäßig E-Mail-Kontakt mit dem Priester Pierre Thaddee Mbayi, der für die seelsorgerische
Arbeit mit den jungen traumatisierten Menschen verantwortlich ist. Denn die Stadt Goma in Nord-
Kivu und Umgebung ist immer wieder vom Krieg betroffen.
Goma - leben mit dem Krieg - Hilfe in dieser humanitären Katastrophe
Vier Jahre habe ich dann gewartet, wieder nach Goma zu fahren. Jedes Jahr wurde ich
eingeladen, aber durch die verschärften kriegerischen Handlungen der Rebellen war es nicht
möglich nach Nord-Kivu zu reisen, bzw. auch sehr gefährlich. Im Sommer 2013 habe ich mich
dann doch entschlossen meine Freunde in Afrika zu besuchen. Immer wieder hörte ich die
Nachrichten ab, ist jetzt Frieden? Nein, immer wieder Kämpfe. Doch dann beruhigte sich die
Lage etwas und so flog ich am 20. 10. 2013 nach Kigali. Pater Pierre Thaddee holte mich vom
Flughafen ab und wir fuhren sieben Stunden mit einem kleinen Bus durch Ruanda bis an die
Grenze zum Kongo, aber erst nach Bukavu. Mit Freude wurde ich erwartet. Auch meine Freude
war groß, endlich die Freunde in Bukavu Süd-Kivu wiederzusehen.
Doch die Freude wurde getrübt, weil ich erfuhr, ich kann nicht nach Goma reisen, die Rebellen
der M23-Miliz sind nach Goma auf dem Vormarsch. Diese M23-Milizen verschanzen sich in den
umliegenden Bergen, zerstören Dörfer, ermorden oder vergewaltigen Menschen. Es geht um
Gold, Diamanten, edle Metalle, darunter Coltan und Nobium, die für die moderne Technik
gebraucht werden. Wie z.B. für unsere Handys. Solange Krieg und Unruhe in Ostkongo
herrschen, ist der Raubbau an den Ressourcen möglich.
Der Krieg belastet die Menschen enorm, die Flüchtlingslager in Goma sind übervoll und die
Menschen dort haben kaum eine Zukunft. Die vergewaltigten Frauen brauchen dringend
medizinische und psychologische Hilfe.
Ich kam nicht mit leeren Händen nach Afrika. Mit viel Aufwand und Energie und Freude habe ich
Spenden eingesammelt um den Kindern zu helfen. Freunde, Verwandte, Bürgermeister, Landrat,
Kirchgemeinde Königstein haben gespendet.
Der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt Pirna hat mit seiner Spende die humanitäre Katastrophe
gemildert. So konnte das Projekt „Hilfe für traumatisierte Kinder und der Schulbesuch für Kinder,
sowie Hilfe für vergewaltigte junge Frauen“ mit Spenden unterstützt werden.
Vor Ort konnte ich mich von der Arbeit überzeugen. Die Freude der Kinder miterleben, in die
Schule gehen zu können. Das Projekt betreut Priester Pierre Thaddee von der Gemeinschaft
der Karmeliten, er ist verantwortlich für die Kinder und Jugendlichen in Goma und Bukavu. Er
baut ein Netzwerk auf, wo die Jugendlichen und Studenten lernen wie Frieden gelebt werden
kann. Denn viele Kinder wurden als Kindersoldaten missbraucht. Sie brauchen besondere Hilfe.
Ich selbst besuchte mit zwei Frauen das Krankenhaus in Bukavu, wo vergewaltigte Frauen
behandelt wurden, um ihnen ein neues Leben zu ermöglichen. Es gibt keine
Krankenversicherung, wer kein Geld hat kann nicht behandelt werden. Diese Frauen haben kein
Geld und so hat unsere Spende einigen Frauen eine medizinische Behandlung ermöglicht. Von
Ein- oder Zweibettzimmern kann keine Rede sein. 40 Frauen liegen in einem Krankensaal. Aber
sie werden sehr gut betreut. Ich durfte kein Foto machen, es hätte die Würde verletzt. Lange
noch sind mir diese Bilder in Erinnerung geblieben.
Endlich am 05. November fuhren wir mit dem Schiff sieben Stunden über den Lak KIvu nach
Goma. Die Rebellen zogen über die Grenze nach Uganda ab. Welche Freude für die Menschen
dieser Region. Vielleicht kann endlich Frieden werden. Aber es wird ein langer Weg sein.
Beim Durchfahren des Lake Kivu raubt einen die Schönheit der Landschaft beinahe den Atem.
Vorbei an grünen Inseln, ringsherum die hohen grünbewachsenen Berge. Die Stadt Goma liegt
eingebettet von den Bergketten am Kivu-See. Majestätisch erhebt sich der Vulkan Nyiragongo,
der die halbe Stadt 2002 beim Ausbruch vernichtete. Ganz normal scheint das Treiben in der
Stadt. Frauen mit Gemüse- und Früchtekörben. Nur für Goma typisch, die hölzernen
Riesenfahrräder (Chukudus genannt) sind in den Straßen zu sehen, mit überdimensionalen
Lasten. Motorrat-Taxis fahren auf den zerstörten Straßen und wirbeln riesige Staubwolken auf.
Am Abend wird es dunkel in der Stadt, wenn Stromsperre ist, dann erscheinen die Häuser wie
Filmkulissen. Geländefahrzeuge und UN-Truppen sind in der Stadt präsent. Aber wenn man die
Flüchtlingslager mit über 200 000 Tausend Menschen sieht, wird mir das Ausmaß der
Katastrophe richtig bewusst. Schon 2007 und 2008 besuchte ich die Flüchtlingslager am Rande
der Stadt Goma. Nur mit Genehmigung durften wir das Lager passieren, weil wir Hilfsgüter dabei
hatten. Die Lage der Menschen hat sich bis jetzt nicht verbessert.
Pater Pierre Thaddee konsultierten täglich in seinem Büro viele hilfsbedürftige Menschen. Ich war
dabei wie er sein Projekt, das durch unsere Spenden unterstützt wurde, in die Tat umsetzte. Sie
baten um Geld für Medizin, Krankenhausbehandlungen und Schulgeld, sowie Hilfe bei familiären
Problemen (Gewalt in der Familie). Wir gingen in Familien, deren Kinder nicht zur Schule gehen
können. Wir führten Meetings durch mit den jungen Menschen, dass Krieg nicht die Lösung ist.
Frauen demonstrierten durch die Stadt für Frieden. Es war sehr bewegend diese starken Frauen
zu sehen und es machte mir Mut, dass es eines Tages Frieden geben kann. So bin ich mit der
Hoffnung im Herzen wieder nach Hause gefahren. Noch lange werden mir die Menschen in
Erinnerung bleiben. Ich danke allen die mich unterstützt haben.
Regina Albani
2. Vorsitzende AWO KV Sächsische Schweiz e.V.